Ab Anfang 2016 engagierte ich mich in der schon 2008 gegründeten Bürgerenergiegenossenschaft NaturEnergie Region Hannover e.G., erst als Vorstandsmitglied, von Mitte 2017 bis Anfang 2021 als AR-Vorsitzender. In dieser Zeit habe ich eine stürmische Entwicklung miterlebt:
Die Mitgliederzahl stieg von 170 auf 300, die Mitgliedereinlagen für PV-Anlagen von 450.000 € auf 1,2 Mio. €. Bis Ende 2020 waren 24 Photovoltaikanlagen mit mehr als 17.000 m² PV-Modulfläche installiert. Sie erzeugen jährlich etwa 2,5 Millionen kWh Strom. Dies entspricht dem Haushaltsstrom-Verbrauch von 1.500 Personen.
Mehr Infos über die Genossenschaft: https://www.naturenergie-hannover.de/

Marcus Biermann und ich bei der Pressekonferenz zum Start des Bürgerwindparks Uetze
Mein Arbeitsschwerpunkt in der eG lag bei den Bürgerwindprojekten, denn an diesem Thema war ich schon seit Ende der 90er-Jahre einer der Pioniere:
1988 Planungsbeginn einer ersten Bürgerwindanlage mit Einweihung 1993
Windräder waren damals viel kleiner als heute und wir planten eine zu diesem Zeitpunkt maximal übliche Anlage mit 32 m Turmhöhe, 18 m Flügelspannweite und 80 kW Nennleistung. An dem Standort konnte die Anlage jährlich ca. 70.000 kWh Strom erzeugen, bei durchschnittlich 1.300 kWh Verbrauch einer energiesparenden Person also genug für ca. 50 Menschen. Heute haben neue Anlagen ca. 140 m Turmhöhe, ca. 80 m Flügelspannweite und produzieren jährlich ca. 500 (!) mal soviel Strom wie unsere Anlage vor 40 Jahren. Unsere kostete aber auch nicht wie die heutigen ca. 7 Mio. €, sondern ca. 200.000 D-Mark und wir konnten sie vollständig ohne Bankkredite finanzieren. Das funktionierte so: Beim Ausstieg aus dem Energie- und Umweltzentrum hatte ich mir eine Kopie der Liste der Förderer gemacht und diesen schrieb ich jetzt einen Brief. Vorschlag war, dass sich Interessierte mit jeweils 5.000 bis max. 10.000 D-Mark an der Finanzierung der geplanten Anlage beteiligen, die dann mit ihrem Anteil in etwa soviel Strom erzeugt, wie der Haushalt der jeweiligen Anteilbesitzers:in verbraucht. Völlig unerwartet kamen innerhalb eines Monats mehr als 400.000 DM von ca. 80 Anleger*innen zusammen, sodass wir nicht eine, sondern gleich zwei Anlagen errichten konnten und so einen Praxis-Vergleichsversuch zweier Anlagentypen machten konnten (ein Drei-Flügler von Enercon verglichen mit einem Zwei-Flügler von Lagerwey). Norbert machte dann auch die Bauleitung für die beiden Anlagen. 15 Jahre später konnte ich, jetzt Dezernent in der Stadt Hannover, ihn als Mitarbeiter im Bereich Gebäudemanagement gewinnen und er machte dort als „mein Mann für schwierige Aufgaben“ eine hervorragende Arbeit bei Energieprojekten. Wieder einer der so vielen kontinuierlichen Dinge in meinem Leben. Genau wie heute war es damals schwierig eine Genehmigung für eine Windkraftanlage zu bekommen. Unser im April 1989 gestellter Antrag wurde abgelehnt, erst nach drei Jahren bekamen wir eine Baugenehmigung und die erste Anlage konnte im September 1993 eingeweiht werden. Die beiden Anlagen liefen technisch und wirtschaftlich erfolgreich und produzierten in 11 Jahren 2,1 Mio. kW Strom. Doch wir hatten ein organisatorisches Problem: Was heute selbstverständlich ist – Windparks in Rechtsform von GmbH und Co. KGs zu realisieren, entstand erst später. Wir errichteten und betrieben die Anlagen ehrenamtlich in Form einer „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ und bei den jeweiligen Entscheidungen mussten immer alle 80 Gesellschafter*innen einstimmig zustimmen. Das war viel zu aufwändig und allen fiel ein Stein vom Herzen, als wir die Anlagen 2004 mit einem kleinen Gewinn verkaufen und die GbR auflösen konnten. Die Käufer rissen die 80-kW-Anlagen ab und errichteten an dem Standort eine einzige 1,5 MW-Anlage mit den Standardmaßen dieser Zeit (65 Meter Nabenhöhe, 35 m Flügelspannweite). Zwei Mitglieder unseres W
20 Jahre später nach meiner Pensionierung holte mich das Thema Bürgerenergie wieder ein
2014 kamen Landwirte aus unserem Wohnort Eldagsen auf mich zu. Sie planten auf ihren Flächen einen aus sechs bis acht Anlagen bestehenden Windpark und waren bereit, davon eine Anlage zur Akzeptanzerhöhung in der Bevölkerung als Bürgerwindrad zur Verfügung zu stellen. Ich stieg in das Thema ein und erarbeitete ein Konzept für eine kleine Genossenschaft, die solch eine Anlage finanzieren und betreiben sollte. Doch aus dem Projekt wurde nichts, denn ein naturschutzrechtlich streng geschützter Schwarzstorch, der im Deister sein Nest hatte, flog zur Nahrungssuche durch das Gebiet des geplanten Windparks.Im Zusammenhang mit der Eldagsen-Planung kam ich mit der Genossenschaft NaturEnergie Region Hannover eG in Kontakt, die schon seit 2008 im Raum Neustadt am Rübenberge Photovoltaikanlagen baute und betrieb. https://www.naturenergie-hannover.de/. Diese Genossenschaft plante den Einstieg in den Windenergiebereich und ich wurde Ende 2015 erst eines der drei Vorstandsmitglieder (diese haben die Funktion vergleichbar der Geschäftsführung in einer GmbH) und später wurde ich Aufsichtsratsvorsitzender. Bei der Region Hannover besorgte ich 3.000 € für eine Mitgliederkampagne, um Kapital für Windkraftbeteiligungen einzusammeln und bis zu meinem Ausscheiden aus der Genossenschaftsführung wuchs die Mitgliederzahl von 167 in 2016 auf über 300 Personen in 2020. Diese brachten ca. 700.000 € zusätzliches Kapital für Windkraftanlagen auf, doch durch gewaltige Probleme bei den Genehmigungsverfahren für die verschiedenen angedachten Standorte mussten wir die Kampagne bremsen und setzten das Geld erstmal für den Bau weiterer Photovoltaikanlagen ein.
Das Windenergie-„Geschäft“ ist zäh und heute eine Sache nur für Profis!
Durch riesige bürokratische Hürden bei den Genehmigungsverfahren, naturschutzrechtliche Probleme und Widerstände von Anwohner*innen haben wir ein ganzes Jahrzehnt bei der Nutzung der regenerativen Energie Wind verloren und erst heute setzt sich die Erkenntnis durch, dass Windkraftanlagen an Land zusätzlich zu denen auf See und zusätzlich zur Solarnutzung für eine dezentrale zukünftige klimaneutrale Energieversorgung zwingend sind. Die Windräder sind aber inzwischen so groß und teuer geworden (ein Windpark mit z.B. sieben Anlagen kostet heute für Planung und Bau ca. 50 Mio. €), dass diese Projekte nicht mehr ehrenamtlich, sondern nur hochprofessionell zu stemmen sind und ich habe mein Engagement deshalb in diesem Bereich inzwischen eingestellt. 2020 stieg ich aus der Führung der NaturEnergie-Genossenschaft aus und mit voller Kraft beim Projekt ecovillage ein, doch dies ist ein eigenes Kapitel. Hier ene Übersicht, was aus unseren Projektideen inzwischen geworden ist (Stand 12/2024):
- Jetzt 10 Jahre später ist der Schwarzstorch bei meinem ersten Projekt im Gebiet Eldagsen verschwunden, die Region Hannover hat das Gebiet im neuen regionalen Raumordnungsplan zu einem Vorrangstandort für die Windkraftnutzung erklärt und voraussichtlich werden in 2-3 Jahren dort ca. sieben Anlagen gebaut.
- Beim Standort Neustadt-Eilvese leistete die dem Bundesverkehrsminister unterstehende Flugsicherung massiven Widerstand gegen ca. 70 Anlagen in der ganzen Region. Man akzeptierte nicht einmal das Angebot, die Radaranlage in Nienburg auf Kosten der potenziellen Windkraftbetreiber zu modernisieren, sodass der Bau der Anlagen möglich gewesen wäre. Hinter der Abwehrhaltung steckte der FDP-Verkehrsminister, der zu der Zeit noch voll auf Atomenergie setzte und die Windkraftnutzung hintertrieb. Erst jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Radarfeuer in Nienburg kurzfristig technisch ertüchtigt werden muss (jetzt auf Kosten des Bundes) und in Eilvese werden in den nächsten 2-3 Jahren ebenfalls ca. sieben Anlagen gebaut. Die NaturEnergie-Genossenschaft wird dort eine oder zwei Bürgerwindanlage, ein gewerblicher investor die übrigen fünf.
- Unsere Anlagenplanung am Standort Uetze dauerte sieben Jahre. 2023 gingen dann endlich sieben Genossenschaftsanlagen in Betrieb, aber nicht wie von uns angedacht mit hunderten Eigentümern mit jeweils kleinen Beträgen, sondern mit 40 „Kommanditisten“ organisiert in zwei GmbH & Co KGs. Denn es zeigte sich, dass die benötigten gewaltigen Investitionen nicht als Genossenschaft, sondern nur in dieser Rechtsform finanzierbar waren, doch bei KGs sind jeweils nur 20 Gesellschafter:innen zulässig. Unser Enkel Leo ist übrigens einer dieser Kommanditisten und diese Geldanlage macht uns wirtschaftlich sehr viel Freude.
- Beim Konzept, viele Menschen mit kleinen Einlagen a. 500 € zu beteiligen, waren wir jedoch in Schönberg an der Ostsee erfolgreich. Dort stehen jetzt die 10 großen Anlagen, die zusammen ca. 40 Millionen kWh Strom pro Jahr erzeugen, genug für den Bedarf von ca. 25.000 Menschen. Das Bürgerbeteiligungsverfahren mit einem vom Bundesamt für Finanzwirtschaft genehmigten Verkaufsprospekt, bei dem nach dem entsprechenden Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern unter anderem 5.000 Bewohner:innen im Umkreis per Post angeschrieben werden mussten, hat jedoch ca. 200.000 € gekostet.
- In Jembke bei Gifhorn schlossen wir einen verbindlichen Vertrag mit dem Anlagenplaner BAYWA-RE, doch eine Klage gegen das regionale Raumordnungsprogramm verzögerte den Bau um ca. 10 Jahre. Der Vertrag ist durch eine Zeitklausel inzwischen hinfällig und BAYWA verkauft den Standort jetzt zu einem für uns als Konkurrenten unschlagbaren Preis an einen Konzern. Unsere KG wird daher aufgelöst und wir steigen in das Projekt in Eilvese ein.
- 2016 schlossen wir einen Vorvertrag mit dem regionalen Energieversorger enerciy über den Bau von Windrädern am Deisterrand zwischen Barsinghausen und Springe. Jetzt 2024 kommt der Standort in das regionale Raumordnungsprogramm und dort werden mehr als 10 Anlagen errichtet, jedoch ohne die NaturEnergie-Genossenschaft. Enercity hat inzwischen für 300 Millionen € an anderen Standorten eine Vielzahl von Windkraftanlagen gekauft und eine Zusammenarbeit mit unserer Mini-Genossenschaft war unter ihrer Würde.
Fazit dieses Kapitels: Einerseits hat die Beschäftigung mit dem Thema Windenergie Spaß gemacht und wir konnten viele Menschen für das Thema regenerative Energie begeistern und motivieren, sich auch finanziell zu engagieren. Andererseits ist es gut, dass endlich Fahrt in das Thema einer klimaneutralen Energieversorgung kommt. Die Zeit von Amateuren, wie ich es bin ist, bei diesem Thema vorbei.